Was sind Stressoren?

Ein Stressor ist eine Anforderung oder Situation, deren erfolgreiche Bewältigung von dir als subjektiv bedeutsam erlebt wird und dich zusätzlich verunsichert.

Stressoren lassen sich in drei große Cluster einordnen:

  1. Globale Stressoren: Krieg, Erdbeben, extreme Hitze und seit einiger Zeit das Thema „Corona“
  2. Körperliche Stressoren: Schmerzen, Krankheit, Bewegungseinschränkung
  3. Soziale Stressoren: Konflikte, Trennungen, Mobbing, isoliertes Arbeiten (z.B. Home-Office in Zeiten von Corona) schlechtes Betriebsklima, Schichtarbeit, Bossing…

Hast du schon deine/n Stressor/en entdeckt?

Mögliche Stressoren werden von Menschen unterschiedlich erlebt. Was den einen stresst, empfindet ein anderer als völlig irrelevant. Hier spiegelt sich das subjektive Empfinden wider.

Außerdem können sich Unterschiede von Tag zu Tag ergeben.

Sicherlich hast du bereits die Erfahrung gemacht, dass der Stau auf der Autobahn dich an manchen Tagen fürchterlich nerven kann. An anderen Tagen nimmst du den Stau kaum wahr, denn du genießt die gute Musik im Radio und lässt deine Gedanken schweifen.

Erinnere dich an die letzte Übung. Was zeigt sich bei dir in stressigen Situationen? Dein entdecktes Verhalten ist deine Stressreaktion. Die Antwort auf deinen Stressor.

Aufgabe:

Nimm dir für diese Übung mindestens 2 Minuten Zeit. Notiere deine wichtigsten Erkenntnisse. Welche persönlichen Stressoren hast du?

REGENERATION IST WICHTIG

Du hast bereits erfahren, dass Stress evolutionsgeschichtlich sinnvoll ist.

Ein Problem tritt erst dann auf, wenn bei dir keine Phase der Regeneration und Ruhe erfolgt.

Beachte bitte auch, dass in der heutigen Zeit das Aktivationsniveau (nervöse Erregungszustände des Organismus) ständig steigt. 

Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es für dich?

Was kannst du tun?

Es ist wichtig, den Teufelskreis von andauerndem Reiz und andauernder Reaktion und somit eines permanenten Erregungszustands zu unterbrechen.

Dadurch kommst du zu einem bewussten und präsenten Handeln.

Das bedeutet, du solltest wachsam und aufmerksam sein und folgende Fragen ab sofort in deinem Bewusstsein präsent haben.

Wenn du magst, kannst du sie aufschreiben. So wird der Zusammenhang noch deutlicher für dich.

  • Wie bahnen sich Stresssituationen bei mir an?
  • Welche Stressoren gibt es?
  • Welche alternativen Handlungen gibt es?
  • Wie kann ich meine „normale Reaktion“ auf Stress verändern?

Dieses erste Bewusstmachen ist ein wichtiger Schritt.

Es ist hilfreich, zu erkennen, wie du bisher reagiert hast.

Dann kann es im weiteren Verlauf um kleine Verhaltensänderungen gehen.

Bereits kleine alternative Handlungen können viel bewirken und deine Regulationsfähigkeit (siehe unten) verbessern und somit deinen Stress verringern.

Bitte habe Geduld mit dir.

Versuche nicht, dein komplettes Verhalten in Frage zu stellen. Es geht vielmehr um die kleinen Veränderungen, die gut zu erreichen sind.

In welchen Situationen kannst du dich zurückhalten, anders entscheiden, Nein sagen?

Würdest du ohne Bedenken und Zögern im Schwimmbad von einem 10 m Turm springen? Oder erst genau überlegen, ob du das machen möchtest?

Vielleicht passt eine andere Vorstellung besser zu dir. Dann suche dir ein passendes „Bild“, dass dich dabei unterstützen kann, nicht sofort zu reagieren.

So kannst du dein Reiz-Reaktionsverhalten überprüfen und allmählich eine Verhaltensänderung herbeiführen.

REGULATIONSFÄHIGKEIT

Was bedeutet es genau, „regulationsfähig“ zu sein?

Stell dir dein persönliches Stresslevel als Herdplatte vor. Stehst du unter Dauerstress, deine Herdplatte steht sozusagen auf der höchsten Stufe, dann tut das deiner Gesundheit auf Dauer nicht gut.

Du befindest dich dann entweder im Angriffs- oder Fluchtmodus. Entweder überreagierst du oder du fällst möglicherweise in eine Apathie oder Erschöpfung.

Deshalb ist es wichtig zu wissen, wie du deine „Herdplatte“ eigenständig auf eine kleinere Stufe einstellen kannst.

Ziel ist es, deine „Temperatur“ bzw. deine Gefühle selbst zu regulieren.

Diese Regulationsfähigkeit kannst du schrittweise ausbauen und/oder trainieren, indem du

  • durch Rituale für einen guten Übergang von der Arbeit in die Freizeit sorgst. Mache z.B. einen Spaziergang nach Feierabend. Nimm ein erholsames Bad. Dusche, um den Stress des Alltags „abzuspülen“.
  • den „Gedankenstopp“ einführst. Wenn du an einem Gedanken festhängst und deshalb nicht zur Ruhe kommst, unterbrich diese Gedankenflut. Klatsche in die Hände und sage laut „Stopp“. Trainiere diese Möglichkeit.
  • dich hinterfragst. Ist es so wie du denkst? Ist es wirklich so?
  • deine Atmung bewusst einsetzt und nutzt. (Beim Ausatmen denkst/sagst Du: es ist ok, dass ich mich so fühle)
  • dich vom Idealzustand verabschiedest und damit aufhörst, dich zu vergleichen. („Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.“, von Sören Kierkegaard)
  • das Wörtchen muss!!! aus deinem Vokabular und deinen Gedanken streichst.
  • deine Grundannahmen überdenkst und änderst.

Etabliere für dich eine Kultur der eigenen Akzeptanz. Lasse Dinge zu und sein.

Und ganz wichtig, höre ab sofort auf, Bewertungen von Personen und Situationen vorzunehmen.

Eine etwas abenteuerliche Empfehlung, doch so sorgst du gut für dich selbst.

Denn die einfachste Möglichkeit, sich zu entspannen, besteht darin, aufzuhören, die Dinge verändern zu wollen, auf die wir keinen Einfluss haben.

Es wird immer etwas geben, was uns belastet. 

EINE GESCHICHTE FÜR DICH

Um deine Wahlfreiheit im Umgang mit Stress zu verdeutlichen, lies bitte folgende kleine Geschichte:

„Ich gehe eine Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch. Ich falle hinein. Ich bin verloren. Ich bin ohne Hoffnung. Es ist nicht meine Schuld. Es dauert endlos, wieder hinauszukommen.

Ich gehe dieselbe Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch. Ich falle wieder hinein. Ich kann nicht glauben, schon wieder am gleichen Ort zu sein. Aber es ist nicht meine Schuld. Immer noch dauert es sehr lange, herauszukommen.

Ich gehe dieselbe Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch. Ich falle schon wieder hinein… aus Gewohnheit. Meine Augen sind offen. Ich weiß, wo ich bin. Es ist meine Schuld. Ich komme auch sofort wieder heraus.

Ich gehe dieselbe Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch. Ich gehe darum herum.

Ich gehe eine andere Straße.“

Portia Nelson: There is a hole in my sidewalk 

Du hast die Wahl!